Der Entwurf des sächsischen Doppelhaushaltes 2025/2026 sieht eine Mittelkürzung von zwei Dritteln für das European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF) vor. Sollte der Entwurf verabschiedet werden, stellt dies eine ernsthafte Bedrohung für die Stabilität und Zukunft der Organisation dar. Selbstverständlich sind Sparmaßnahmen angesichts der wirtschaftlichen Lage nachvollziehbar. Jedoch ist eine ungebrochene Unterstützung für den unabhängigen Journalismus gerade dann wichtig, wenn finanzielle Engpässe, Rechtspopulismus und Desinformation die Presse- und Medienfreiheit unter Druck setzen.
Seit seiner Gründung im Jahr 2015 spielt das ECPMF eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung gefährdeter Journalist*innen in Deutschland und ganz Europa. Seit zehn Jahren leistet die gemeinnützige Organisation direkte Hilfe für bedrohte Medienschaffende, stärkt systematisch die Medienfreiheit in Europa und fungiert als Schutzschild für den unabhängigen Journalismus.
Das ECPMF hat seit seiner Gründung in 177 Fällen juristische Nothilfe für Medienschaffende geleistet. Darunter waren Fälle von Journalist*innen, die getötet, willkürlich verhaftet, mit Überwachungstechnologien ausgespäht oder mit juristischen Klagen eingeschüchtert wurden.
Auch hat das ECPMF in dieser Zeit über 80 gefährdete Journalist*innen aus 14 unterschiedlichen Ländern unterstützt, darunter Belarus, Russland, die Ukraine und die Türkei. Das Programm hat den Medienschaffenden einen sicheren Ort, psychologische Unterstützung und professionelle Weiterbildung anbieten können. Seit 2019 sind weiterhin über 300 Journalist*innen im Exil in Deutschland unterstützt worden – über 40 von ihnen leben in Sachsen – während über 4.000 Journalist*innen in der Ukraine oder im Exil durch das Zentrum in Form von Schutzausrüstung, Schulungen oder Beratung Unterstützung erhielten.
Die Arbeit des ECPMF wirkt auf lokaler, wie auch auf europäischer und internationaler Ebene. Durch die systematische Dokumentation von Verletzungen der Medienfreiheit durch das Projekt Media Freedom Rapid Response (MFRR) liefert die Organisation unschätzbare Daten über die akutesten Bedrohungen für den Journalismus in 35 europäischen Ländern. Seit 2020 sind über 5,000 Angriffe auf die Presse- und Medienfreiheit dokumentiert worden.
Medienschaffende in ganz Europa sehen sich mit körperlichen und verbalen Angriffen konfrontiert. Auch Eingriffe in die redaktionelle Arbeit oder juristische Maßnahmen wie Inhaftierung oder strategische Klagen (SLAPPs) fallen unter die Vielzahl der Bedrohungen. Besonders im digitalen Raum nehmen Angriffe wie Hacking, Spoofing, Deepfakes oder das Auspähen durch Abhörtechnologien zu. Diese Daten dienen nicht nur als Frühwarnsystem, sondern fließen auch in Gesetzestexte wie den European Media Freedom Act und die Anti-SLAPP-Richtlinie ein.
Auf lokaler Ebene bietet das ECPMF Schutz für Journalist*innen in Sachsen und leistet Aufklärungsarbeit an Schulen und Universitäten. Das ECPMF ist weiterhin eine der führenden deutschen Organisationen, die Verletzungen der Pressefreiheit in Deutschland überwacht und dokumentiert. Die Lokaljournalismus-Studie mit Fokus auf Sachsen und Thüringen sowie die Feindbild-Studie belegen einen stetigen Anstieg von Angriffen auf Medienschaffende in Deutschland.
Auswirkungen von Mittelkürzungen auf den Schutz der Medien und die Verbreitung von Desinformation
Die Unterstützung der Europäischen Kommission, des Freistaats Sachsen, der Stadt Leipzig und der Bundesregierung bilden seit 2015 das Fundament des ECPMF. Sachsen war dabei stets ein zuverlässiger und starker Partner, der freie und unabhängige Medien jahrelang unterstützte und es dem ECPMF ermöglichte, auch in Krisenzeiten zu wachsen und sich weiterzuentwickeln.
Die geplanten Mittelkürzungen auf ein Drittel der ursprünglichen Unterstützung bedrohen daher den Kern der Arbeit des ECPMF, und insbesondere auch seine Absicherung in Krisenzeiten.
Darüber hinaus wäre das Programm Journalists-in-Residence, welches bedrohten Journalist*innen eine sichere Zuflucht bietet, eingeschränkt. Auch die Unterstützung für Journalist*innen im Exil in Deutschland müsste begrenzt werden. Journalist*innen im Exil leisten einen unschätzbaren Beitrag, indem sie aus ihrer Sicht über die Situation in ihren Herkunftsländern berichten, und somit die deutsche Berichterstattung und den demokratischen Diskurs bereichern.
Die obig genannten Studien, die einen wichtigen Beitrag zur Überwachung der Presse- und Medienfreiheit in Deutschland – darunter auch ganz spezifisch Sachsen – leisten, müssten angesichts der Mittelkürzungen ebenfalls eingestellt werden.
Zuletzt würde auch die Überwachungstätigkeit und Dokumentation von Verstößen gegen die Medienfreiheit, die die Grundlage aller Arbeit der Organisation bilden, in Deutschland und Europa stark geschwächt werden.
Was getan werden muss
Jetzt ist der entscheidende Zeitpunkt, sich für die Medienfreiheit einzusetzen und die Unterstützung für freien und unabhängigen Journalismus in Deutschland und Europa zu verstärken.
Als einzige europäische zivilgesellschaftliche Organisation in Sachsen – und als wichtigste Organisation im Staat, die für die Presse- und Medienfreiheit kämpft – ist das ECPMF ein zentraler Akteur, der zur Wahrung der demokratischen Werte auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene beiträgt.
Angesichts des zunehmenden Einfluss populistischer Parteien in Europa und der Verbreitung von Desinformation sind demokratische Gesellschaften dringend auf unabhängigen Journalismus angewiesen. Ohne unabhängige Berichterstattung können sich auch antidemokratische Kräfte zunehmend ausbreiten.
Um die Arbeit freier und unabhängiger Medien gegen solche wachsenden Bedrohungen zu schützen, um es dem Journalismus zu ermöglichen, die Mächtigen zur Rechenschaft zu ziehen, und um die Öffentlichkeit mit den dringend benötigten Informationen zu versorgen, ist es unerlässlich, die Medienfreiheit weiterhin zu unterstützen. Organisationen wie das ECPMF spielen eine entscheidende Rolle beim Schutz von Journalist*innen und der Medienfreiheit in Deutschland. Deshalb sollte die Unterstützung für Medien und Medienfreiheitsorganisationen trotz aller wirtschaftlichen Herausforderungen weiterhin verstärkt und ausgebaut werden.